Car & Bus: Multiobus – Vorreiter bei der Umstieg auf einen nachhaltigen öffentlichen Verkehr

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„Zu früh? Wir sind eher zu spät dran!“

Multiobus Tienen schafft 2021 zehn weitere Elektrobusse an

2018 setzte Multiobus aus Tienen als erstes privates Busunternehmen zwei Elektrobusse für De Lijn ein. „Aus diesem Testprojekt haben wir viel gelernt. Im Frühjahr 2021 kaufen wir zehn neue Elektrobusse dazu. Die werden im Hageland für De Lijn unterwegs sein. Das ist eine umweltfreundliche Investition, die sich langfristig auch auszahlt“, davon ist Geschäftsführer Olivier van Mullem überzeugt. Die Ökowende beim Fuhrpark von Multiobus ist unumkehrbar.

Fit für die Zukunft

Die Entscheidung, keine Dieselbusse mehr anzuschaffen, traf Olivier van Mullem 2019. Damals wurden auf europäischer Ebene strengere Grenzwerte für den CO2-Ausstoß von Lkw und Bussen ab 2025 festgelegt. „Würden wir mit der Umstellung bis dahin warten, müssten wir unseren Fahrzeugbestand dann auf einmal in kürzester Zeit erneuern. Das können wir uns als mittelständisches Unternehmen nicht leisten.“ Mit seinem vorausschauenden Handeln wurde Multiobus schon 2018 zum Pionier. Mit der Anschaffung der beiden ersten Elektrobusse betrat das Busunternehmen damals Neuland.

„Doch wir konnten viel von Ländern wie den Niederlanden, Frankreich und Deutschland lernen. Die waren da schon weiter. In China verkehren sogar 98 % aller Elektrobusse weltweit. In unserem Land ist die Branche konservativ. Wenn Kollegen zu mir sagen, wir seien zu früh dran, antworte ich, es sei eigentlich schon zu spät. Die Fahrzeugpreise werden noch sinken, das stimmt, doch als vorausschauender Unternehmer betrachte ich das als Lehrgeld. Denn in der Zwischenzeit lernen wir viel über die Zukunft. Es ist richtig, dass sich die Technologie immer weiter verbessert. Doch man kann nicht einfach dasitzen und abwarten. Das gehört zum Unternehmertum. Unsere Mechaniker haben nun Zeit, sich zum Techniker weiterzubilden“, so Olivier van Mullem.

Große Akkus

Die Elektrobusse von Multiobus sind Modelle mit großen Akkus des niederländischen Herstellers Ebusco. Diese Akkus werden erst nach einem ganztägigem Einsatz wieder aufgeladen. Der Bus hat also keinen Stromabnehmer, mit dem unterwegs an Ladestationen nachgeladen werden kann. Olivier van Mullem: „Ich glaube nicht an Ladestationen auf der Strecke oder an Hybridmodelle. Auf unseren Linien fahren die Busse täglich 300 bis 400 Kilometer. Mit ihren großen Akkus schaffen die Busse unsere Fahrten im Hageland problemlos. Nur bei schwierigen Touren, z. B. in Brüssel, Antwerpen oder Gent, reicht es vielleicht nicht ganz.“

Der Vorteil dieser großen Akkus ist, dass man sie nachts mit geringer Ladeleistung langsam aufladen kann. Das ist besser für die Lebensdauer der Akkus. Denn noch ist nicht bekannt, wie sich der Akku verhält, wenn er älter wird. Für Multiobus ist das langsame Laden kein praktisches Problem. „Ein vollgetankter Dieselbus steht nachts auch 12 Stunden im Busdepot. In dieser Zeit kann man genauso gut den Akku aufladen. Es ist vor allem eine Frage der Planung. Nicht alle Busse können gleichzeitig an die Steckdose. Welche Busse fahren früher los und müssen daher zuerst aufgeladen werden? Das wird eine Übung in Effizienz“, so Olivier van Mullem.

Sowohl für den Fahrer als auch für die Fahrgäste bietet ein Elektrobus mehr Komfort: Er ist leiser, vibriert weniger und hat ein geschmeidigeres Fahrverhalten als ein Dieselbus.

Finanziell günstiger

Die Ladeinfrastruktur ist ein wichtiger Kostenfaktor bei der Umstellung auf ein nachhaltiges Busunternehmen. Technisch ist es kein Problem, das Busdepot so auszurüsten, dass man große Strommengen abnehmen kann. „Doch so, wie wir versuchen, Diesel möglichst günstig einzukaufen, möchten wir auch unsere Stromkosten so gering wie möglich halten. Mit unserer eigenen Photovoltaikanlage erzeugen wir einen Teil unseres Stroms selbst. Den speichern wir in Power Packs. So können wir mit dem Strom, den wir tagsüber erzeugen, nachts unsere Busse aufladen. Das ist günstiger, als unsere Solarenergie direkt an den Stromversorger zu verkaufen.“

Letztendlich schaut Multiobus auf die Zahlen – wie jedes Unternehmen. Und die, so Olivier van Mullem, werden rot, wenn man heute einen Dieselbus neu anschafft. Der Kaufpreis eines Elektrobusses ist zwar doppelt so hoch wie für einen Dieselbus, doch die Energiekosten pro Kilometer und die Wartungskosten sind wesentlich niedriger. Nach etwa sechs Jahren liegen beide Antriebsarten gleichauf. Und da ist der gesellschaftliche Nutzen durch die Verringerung der Emissionen noch nicht eingerechnet. „Bei einem neuen Elektrobus weiß ich, dass der in zehn Jahren noch in Betrieb sein wird. Ob das auch für einen neuen Dieselbus gilt, kann heute niemand absehen. Und was ist dieser Bus 2025 noch wert?“, fragt sich Olivier van Mullem.

Verkehrte Welt

Der Unternehmer weiß, dass Multiobus bei nachhaltigen Investitionen ein Vorreiter ist. „Wir glauben, dass die Mobilität der Zukunft so aussieht, dass die Menschen nachhaltige öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Wir sehen also eine rosige Zukunft auf uns zukommen.“ Doch hat der Busunternehmer manchmal den Eindruck, in einer verkehrten Welt zu leben. „Ich bin erstaunt, wie die belgischen Hersteller hinterherhinken. Sie kommen zu mir und fragen, wie es läuft und warum ich das tue. Müsste es nicht umgekehrt sein, frage ich mich manchmal. Das finde ich bedauerlich.“

Sogar bei De Lijn ist der Nachhaltigkeitsgedanke noch nicht ganz angekommen. Obwohl es bis 2025 nicht mehr lang hin ist. „De Lijn findet es zwar gut, wenn wir mit unseren Elektrobussen ankommen. Doch ich erlebe keinen Druck, schneller auf nachhaltige Busse umzusteigen. Es werden eher die Städte, in denen wir mit unseren Bussen fahren, sein, die unsere Branche mit ihren immer strengeren Emissionsgrenzwerten vor vollendete Tatsachen stellen. Wenn es soweit ist, stehen wir mit unserer umweltfreundlichen Fahrzeugflotte bereit,“ so Olivier van Mullem, der gelassen in die Zukunft blickt.

Wir hatten Herr Van Mullem diesem Jahr schon interviewed.