Erfolgreiche Vergabe von Busleistungen mit alternativen Antrieben

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Erfahrungen in Frankfurt am Main bei der Vergabe des Busbündels A
Dr.-Ing. Tom Reinhold, Tobias Schreiber, Christian Wagner; Frankfurt am Main

Die Einführung von Elektrobussen in Frankfurt am Main nimmt Fahrt auf. Bereits seit Dezember 2018 verkehren fünf batterieelektrische Busse des polnischen Herstellers Solaris auf der Buslinie 75, der ersten vollelektrischen Buslinie Hessens. Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2020 wurden die Metrobuslinie M60 sowie im Frühjahr 2021 die Linien 33 und 37 auf batterieelektrische Busse umgestellt. Dies entspricht 24 Elektrobussen (15 Solobusse, 9 Gelenkbusse). Im Dezember 2021 werden die Linie 52 mit zwölf weiteren batterieelektrischen Bussen sowie im Sommer 2022 die Linie M36 mit 13 Brennstoffzellenbussen folgen. Die städtische Nahverkehrsgesellschaft traffiQ setzt damit für die Stadt Frankfurt am Main konsequent das 2018 erarbeitete Elektrobuskonzept um. Dies sieht eine vollständige Umstellung der Dieselbusflotte auf Brennstoffzellentechnologie und Batterietechnik mit Nachtladung im Depot vor. Beide alternative Antriebsformen werden jeweils 50 Prozent der zukünftigen Flotte ausmachen. Auf diese Weise können der Fahrzeugpark 1:1 ersetzt und alle Umläufe über den Tag hinweg abgedeckt werden.

Die Busverkehre in Frankfurt am Main sind seit Dezember 2020 zur Hälfte direkt an das städtische Verkehrsunternehmen In-der-City-Bus GmbH (ICB) vergeben. Dies entspricht den Buslinienbündeln C, D und E. Dabei hat die ICB zusätzlich das Bündel C erhalten, das zuvor noch wettbewerblich vergeben worden war. Die andere Hälfte der Busverkehrsleistung und damit fünf weitere Bündel (A, B, F, G, H) werden von privaten Busverkehrsunternehmen bedient. Die privaten Betreiber dieser Bündel werden im Rahmen von wettbewerblichen Vergaben ausgewählt.
Das Bündel A war das erste, in dem bei der Neuvergabe auch Fahrzeuge mit alternativen Antrieben gefordert wurden. Die Elektrifizierung erfolgt dabei in zwei Stufen. Mit der Betriebsaufnahme im Dezember 2020 sollte die Metrobuslinie M60 vollständig auf batterieelektrische Busse umgestellt sein. Wie bereits beschrieben, ist diese erste Stufe erfolgreich abgeschlossen worden. Pünktlich zur Betriebsaufnahme standen die Ebusco 2.2 zur Verfügung und sind seitdem dauerhaft im Einsatz. Die Linie 52 folgt dann in Stufe 2 genau ein Jahr später. Die notwendigen weiteren zwölf Ebusco 2.2 sind bei dem niederländischen Hersteller bereits bestellt und werden ebenfalls pünktlich erwartet.
Eine so reibungslose Umsetzung der Elektrifizierungsvorgaben konnte lange Zeit nicht erwartet werden, da diverse Herausforderungen damit verbunden waren. Abbildung 2 zeigt die wesentlichen Problemfelder, die im Vorfeld ausgemacht wurden. Noch immer hat nur ein sehr kleiner Anteil an Verkehrsunternehmen Erfahrungen mit alternativen Antrieben und den aufgezeigten Herausforderungen. Aus diesem Grund sah traffiQ die Gefahr, dass sich dieser Umstand negativ auf das Vergabeverfahren, die Anzahl der Bieter sowie die erforderlichen Rüstzeiten auswirken kann. Damit einher geht das Risiko höherer Preise, da die Bieter die notwendigen Investitionen und Unwägbarkeiten einpreisen. In Folge dessen zog traffiQ zunächst den Verfahrensbeginn des Bündels A vor und verlängerte damit die Rüstzeiten um drei Monate. Zudem wurde ein Verhandlungsverfahren angestrebt, in dem explizit nur über die Thematik der Elektrifizierung und die zugehörigen Herausforderungen verhandelt werden sollte. Resultate sollten dann in die Vergabeunterlagen einfließen, damit ein für beide Seiten akzeptabler und umsetzbarer Prozess entwickelt werden kann. Die Bieter nahmen jedoch das Verhandlungsverfahren nicht an, da befürchtet wurde, dass es zu einem Ideenverlust kommt, wenn detaillierte Konzepte bereitgestellt werden und in die Vergabeunterlagen einfließen. Daher wurde zu einem offenen Verfahren ohne konkrete Vorgaben zur Umsetzung der Elektrifizierung gewechselt. Dieses konnte im Februar 2020 erfolgreich abgeschlossen werden und die Transdev Rhein Main GmbH erhielt den Zuschlag für das Bündel A.

Herausforderung Fahrzeuge

Ein zentrales Problemfeld bei der Elektrifizierung stellen nach wie vor die Fahrzeuge dar. Zum Zeitpunkt der Vorbereitung der Ausschreibung des Bündels A im Frühjahr/Sommer 2019 herrschte die Meinung, dass die Lieferzeiten bei Elektrobussen deutlich länger sind als bei Bussen mit konventionellen Antrieben. So konnte bei Dieselbussen mit einer Lieferzeit von neun bis zehn Monaten gerechnet werden, wohingegen bei Elektrobussen eher mit zwölf Monaten oder gar mehr gerechnet wurde. Diese Einschätzung war auf die bisher begrenzten Produktionskapazitäten, neuartige Produktionsprozesse (teilweise in Handarbeit), die zumeist von der Fertigung von Fahrzeugen mit konventionellen Antrieben abgekoppelte Produktion sowie die allgemein hohe Nachfrage zurückzuführen. Zudem waren entsprechende Hersteller und die Auswahl an Fahrzeugtypen mit alternativen Antrieben weiterhin begrenzt, wobei der Markt für Brennstoffzellenbusse damals wie heute wesentlich kleiner ist als der für batterieelektrische Busse.

Aufgrund der Marktsituation war daher zu erwarten, dass die Lieferzeiten ein kritischer Faktor bei der Betriebsvorbereitung sein könnten. Deshalb sah traffiQ bereits bei Erstellung der Vergabeunterlagen eine sechsmonatige Übergangsfrist ab Betriebsstart vor. Diese ermöglicht dem erfolgreichen Bieter die zu späte Lieferung der Busse mit Altfahrzeugen zu überbrücken. In dieser Übergangszeit fallen keine Vertragsstrafen an, die sich aus dem nicht konformen Fahrzeugeinsatz ergeben würden. Im Verlauf der Betriebsvorbereitung des Bündels A (Februar bis Dezember 2020) zeigte sich jedoch, dass die Sorgen hinsichtlich der Lieferbarkeit von Elektrobussen unbegründet waren. Der Markt für Busse mit alternativen Antrieben hat sich rasant entwickelt und immer mehr Hersteller bieten vielfältige Fahrzeugtypen an. Nahezu alle großen Hersteller haben mittlerweile batterieelektrische Busse im Angebot. Aber auch beim Brennstoffzellenbus ist eine Entwicklung erkennbar und mit Caetano, Solaris und VanHool bieten drei Hersteller ein entsprechendes Fahrzeug an. Zudem werden die Busse bei den großen Herstellern mittlerweile auf den gleichen Produktionsstraßen und in der gleichen Zeit wie die Dieselbusse gefertigt. Die Ebusco 2.2 wurden daher sogar schneller geliefert als die Dieselbusse im Bündel A.
Eine Übergangsfrist war daher nicht nötig und der Betrieb konnte regulär im Dezember 2020 starten. Zu den Herausforderungen bei batterieelektrischen Bussen zählen auch die noch immer geringen Reichweiten. Zum Zeitpunkt der Erstellung des Betriebskonzepts des Bündels A Anfang 2019 konnte mit einer Reichweite eines Solobusses von 150 bis 170 km gerechnet werden. Die Entwicklungen in der Batterietechnologie gehen kontinuierlich voran, jedoch war es
zu diesem Zeitpunkt nicht absehbar, welche Reichweiten mit den dann letztlich im Bündel A eingesetzten Fahrzeugen erreicht werden können. Daher galt es, Linien für die Elektrifizierung zu identifizieren, deren Umläufe mit den damals bekannten Fahrzeugen gefahren werden können. Die Wahl fiel auf die Linien M60 und 52. Die ersten Erfahrungen auf der Metrobuslinie M60 zeigen, dass die Ebusco 2.2 die Umläufe ohne Probleme bedienen können. Dies galt auch für die sehr kalte Zeit im Februar 2021, während der teilweise zweistellige Minusgrade zu verzeichnen waren. Mittlerweile geht die Reichweite immer mehr in Richtung 200 km oder mehr, wodurch zukünftig flexibler Linien zur Elektrifizierung ausgewählt werden können. Dies schlug sich auch in der aktuellen Erstellung der Vergabeunterlagen des Bündels B
nieder. Dadurch werden auf den zur Elektrifizierung vorgesehenen Linien 49, 50 und 59 im Bündel B deutlich höhere Tageslaufleistungen mit Elektrobussen gefahren werden können, als es derzeit der Fall ist. traffiQ muss also kontinuierlich den Markt im Auge behalten und auf die jeweils geltenden Rahmenbedingungen reagieren, um die Elektrifizierungsstrategie bestmöglich umsetzen zu könnenum die Elektrifizierungsstrategie bestmöglich umsetzen zu können Eine weitere Herausforderung bei den Elektrobussen ist der hohe Anschaffungspreis. Batterieelektrische Busse kosten nach wie vor rund das Doppelte eines Dieselbusses. Bei Brennstoffzellenfahrzeugen ist es gar das Dreifache. Die aufgrund von steigenden Stückzahlen und damit einhergehenden Skaleneffekten propagierte Annäherung der Anschaffungskosten an die von konventionellen Antrieben konnte bisher noch nicht beobachtet werden. Daher kommen mit der Elektrifizierung in der nächsten Dekade weiterhin erhebliche finanzielle Belastungen auf die Kommunen zu. Durch die Corona-Pandemie wird der finanzielle Druck noch höher und eine Umsetzung kann nur mit entsprechender Förderung durch Bund und Länder gelingen. Gerade im Rahmen von wettbewerblichen Vergaben war die Generierung von Fördermitteln bisher jedoch mit hohen Hürden verbunden.

Komplexe Förderlandschaft

Die Förderung der Mehrkosten von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben und deren Infrastruktur ist essenziell, um die Elektrifizierung wie geplant vorantreiben zu können. Förderprogramme existieren bisher grundsätzlich beim Bund über das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) als auch über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU). Zudem haben die einzelnen Bundesländer eigene, von Land zu Land unterschiedliche, Programme aufgelegt. In Hessen werden 40 Prozent der Investitionsmehrkosten von Fahrzeugen und Infrastruktur gefördert. Das Budget ist dabei pro Jahr auf 5 Mio Euro begrenzt. Die Förderung des BMU hingegen ist durch eine besonders hohe Förderquote von 80 Prozent der Investitionsmehrkosten für Fahrzeuge und 40 Prozent für die Infrastruktur geprägt. Aufgrund der attraktiven Förderbedingungen beim BMU und der allgemeinen Tendenz zur Elektrifizierung in Deutschland ist dieses Programm in der Regel stark überzeichnet. Daher können nicht alle Antragsteller letztlich auch mit einer Förderung bedacht werden. Im Gegensatz dazu ist die Förderung durch das Land aufgrund der begrenzten Konkurrenz deutlich leichter zu bekommen. Jedoch wird aufgrund der hohen Attraktivität in der Regel zunächst versucht, eine Bundesförderung zu erhalten. Die Stadt Frankfurt am Main wurde bei Förderaufrufen des BMU in den vergangenen Jahren allerdings leider nicht berücksichtigt. Dies war vor allem darauf zurückzuführen, dass die Busflotte bereits konsequent auf die höchsten Abgasstandards gebracht worden war. So verkehren bereits seit einigen Jahren keine Busse unterhalb des EEV-Abgasstandards mehr in Frankfurt am Main.
Gleichzeitig soll in den kommenden Jahren zunächst durch „saubere“ Dieselbusse mit Abgasnorm Euro VI und der schrittweise umgesetzten Elektrifizierung die Umweltverträglichkeit der Flotte weiter verbessert werden. So können die (lokalen) Emissionen des ÖPNV langfristig auf null heruntergefahren werden. Diese sehr gute Ausgangslage in Frankfurt am Main hat dazu geführt, dass die zu erreichenden Emissionsverbesserungen durch Elektrobusse im Vergleich zu anderen Städten mit älteren Flotten deutlich geringer einzuschätzen sind. Daher wurde die Wahrscheinlichkeit einer Förderung durch das BMU im Rahmen des Bündels A als eher niedrig eingestuft. Dies bewahrheitete sich zunächst auch, nachdem traffiQ im April 2019 eine Förderskizze über 25 batterie-elektrische Busse für die Linien M60 und 52 beim BMU eingereicht hatte. Im Rahmen des zweistufigen Beantragungsverfahrens wurde traffiQ vorerst nicht zur Einreichung eines Förderantrags aufgefordert. Dass traffiQ überhaupt eine Förderskizze einreichen konnte, war nur der konsequenten Lobbyarbeit beim BMU sowie dem Projektträger VDI/VDE Innovation + Te GmbH zu verdanken. Die Förderprogramme sind zumeist sehr stark auf Direktvergaben und kommunale Verkehrsunternehmen zugeschnitten. In diesem Fall ist die
Fahrzeugbeschaffung in der Regel nicht an fixe Termine oder Fristen gebunden. Die Förderung kann also flexibel durchgeführt und dabei mit Förderaufrufen synchronisiert werden. Bei wettbewerblichen Vergaben sieht dies anders aus. Gemäß den Vorgaben der Förderrichtlinie darf ein Förderantrag erst gestellt werden, wenn das Verkehrsunternehmen den Zuschlag für das Linienbündel erhalten hat. Hinzu kommt, dass die Fahrzeuge europaweit ausgeschrieben werden müssen, was für private Verkehrsunternehmen auch eher unüblich und keine gängige Praxis ist. Der Zuschlag an die Transdev Rhein Main GmbH für Bündel A erfolgte Anfang Februar 2020. Der Betriebsstart war für Dezember 2020 geplant. Somit hatte die Transdev Rhein Main GmbH nur zehn Monate Zeit, um die Fahrzeuge und die zugehörige Infrastruktur auszuschreiben, zu beschaffen und für den Betrieb vorzubereiten. Gleichzeitig dürfen die Fahrzeuge laut Förderrichtlinie erst nach einem positiven Förderbescheid beim Hersteller bestellt werden. Demnach hätte die Transdev Rhein Main GmbH zunächst den Förderantrag beim BMU einreichen, den positiven Bescheid abwarten und dann erst die Fahrzeuge ausschreiben und bestellen müssen. Eine rechtzeitige Lieferung wäre auf diesem Weg nicht möglich gewesen. traffiQ war sich dieser Tatsache bereits sehr früh bewusst und erreichte in fortlaufenden Gesprächen mit dem BMU und dem Projektträger, dass die Förderskizze und ein möglicher nachgelagerter Förderantrag zunächst durch traffiQ eingereicht werden durfte. Sobald der Betreiber des Bündels A feststand, sollte dieser dann die
Hoheit über das Verfahren übernehmen und Details zu den Fahrzeugen spezifizieren. Für traffiQ stand dabei auch fest, dass die Rahmenbedingungen zur Beantragung von Fördermitteln für private Verkehrsunternehmen eher ungünstig sind und dies gegebenenfalls dazu führt, dass das Verkehrsunternehmen darauf verzichtet. Daher verankerte traffiQ bereits in den Vergabeunterlagen zu Bündel A, dass der spätere Betreiber zehn Prozent der Fördersumme als Provision behalten kann. Dies sollte als Anreiz zur Beantragung der Mittel dienen. Der zuvor skizzierte Weg wurde letztlich auch beschritten, als das BMU im Februar 2020 auf traffiQ zukam und ein Nachrücken in Aussicht stellte. Die Transdev Rhein Main GmbH übernahm fortan die Koordination mit dem BMU und dem Projektträger – jedoch unter intensiver Begleitung von traffiQ. Diese Begleitung und der kontinuierliche Kontakt zu den Verantwortlichen war erforderlich, um die Beantragung der Fördermittel positiv abschließen und weitere Hürden beseitigen zu können. Denn aufgrund der kurzen Betriebsvorbereitung musste die Transdev Rhein Main GmbH die ersten 13 Elektrobusse für die Metrobuslinie M60 bereits bestellen, bevor das BMU grünes Licht gegeben hatte und der finale Förderantrag im Mai 2020 eingereicht werden konnte. Dieser vorzeitige Maßnahmenbeginn ist gemäß der Förderrichtlinie nicht erlaubt und eine langwierige beihilferechtliche Prüfung war erforderlich. traffiQ begleitete und unterstützte diesen Prozess fortlaufend. Erfreulicherweise konnte schließlich im Dezember 2020 der Förderbescheid über 4,2 Mio Euro (für 25 Elektrobusse) an die Transdev Rhein Main GmbH übergeben werden. Ohne die gute Zusammenarbeit mit dem BMU sowie dem Projektträger VDI/ VDE Innovation + Technik GmbH wäre dies nicht möglich gewesen. Abbildung 4 zeigt anschaulich den Verlauf des Verfahrens. Bündel A zeigte, dass eine Förderung von Elektrobussen auch im Rahmen von wettbewerblichen Vergaben möglich ist, selbst wenn diverse Hürden zu meistern sind. TraffiQ ist daher erfreut, dass auch die neue Richtlinie zur Förderung von Elektrobussen vom BMVI beispielsweise eine vorzeitige Antragsstellung durch den Aufgabenträger ermöglichen soll, auch wenn der Betreiber noch nicht feststeht. Diese Richtlinie bündelt die bisher auf BMU und BMVI aufgeteilten Programme und soll technologieoffen gestaltet werden.

Betriebshöfe und Infrastruktur im Blick

Die Betriebshöfe und deren Ausgestaltung sowie die Infrastruktur nehmen bei alternativen Antrieben eine deutlich wichtigere Rolle ein, als dies noch bei Dieselbussen der Fall war. Gerade die Lage von Betriebshöfen spielte bisher eine nicht ganz so zentrale Rolle, da Dieselbusse keine Reichweitenprobleme haben. Natürlich sollten Leerkilometer stets vermieden werden, jedoch konnten auch Betriebshöfe abseits des Bediengebiets akzeptiert werden. Bei Brennstoffzellenbussen gilt dies noch heute, da auch diese in der Regel über eine ausreichende Reichweite verfügen, um die Tagesfahrleistung und längere Ein- und Ausschiebewege abzudecken. Bei batterieelektrischen Bussen sieht dies jedoch anders aus. Die bislang noch sehr geringen Reichweiten sollen möglichst nicht bereits durch lange Ein- und Ausschiebewege reduziert werden. Daher ist ein zentral im Betriebsgebiet verorteter Betriebshof von Vorteil. Auch hinsichtlich der Größe des Betriebshofes können sich neue Anforderungen durch alternative Antriebe ergeben, da zusätzliche Fläche für die Ladeinfrastruktur notwendig sein kann. Der Aufbau dieser Infrastruktur stellt dabei eine weitere zentrale Herausforderung dar. Zur Ladung der Fahrzeugflotte sind entsprechend hohe Anschlussleistungen erforderlich. Die dafür notwendige Infrastruktur und Stromversorgung muss gerade bei bestehenden Betriebshöfen zumeist kostspielig ergänzt werden. Aber auch bei komplett neuen Betriebshöfen ist nur sehr selten die erforderliche Infrastruktur bereits im Umfeld vorhanden. Speziell in Frankfurt am Main kommt hinzu, dass die verfügbaren Flächen für Betriebshöfe rar gesät sind und es schwer ist, überhaupt eine geeignete Fläche zu finden. Die Anforderungen der Elektrifizierung können dabei nicht immer schon von Anfang an berücksichtigt werden. Bei Brennstoffzellenbussen wirkt sich dies weniger aus, jedoch wird auch für die Wasserstoffbetankungsinfrastruktur (Kompressor, Speicher, Dispenser et cetera) deutlich mehr Platz benötigt als für eine Dieseltankstelle. Dabei müssen auch die gesetzlichen Anforderungen (unter anderem § 18 BetrSichV, § 19 BImSchG, Störfallverordnung) berücksichtigt werden. Dies kann sich wiederum auf den Betriebshof und seine Ausgestaltung auswirken. Für private Verkehrsunternehmen stellt das Finden geeigneter Betriebshöfe sowie der Aufbau der notwendigen Lade- und/oder Betankungsinfrastruktur eine große Herausforderung dar. Gleichzeitig ermöglicht dies jedoch auch die Umsetzung innovativer und neuartiger Konzepte. traffiQ versucht, den Verkehrsunternehmen bei der Gestaltung der Vergabeverfahren möglichst viele Freiheiten zu geben, um eigenes Know-how und innovative Ideen einzubringen. Diese Bestrebungen haben im Bündel A Früchte getragen, denn die Transdev Rhein Main GmbH entwickelte für die Metrobuslinie M60 ein innovatives Abstellungs- und Ladekonzept. Wie bereits erwähnt, sind Flächen für Betriebshöfe in Frankfurt nur schwer zu finden, gerade wenn eine große Flotte darauf Platz finden soll. Daher hat die Transdev Rhein Main GmbH mehrere kleinere Standorte ausgewählt, um so die Fahrzeuge mit möglichst wenigen Leerkilometern auf die Linien zu schicken. Einer dieser Standorte ist das Müllheizkraftwerk (MHKW) in der Nordweststadt, an dem die Mainova und die Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH (FES) beteiligt sind. Es befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Linienweg der M60 und deren Endpunkt in Heddernheim, was auch ein eventuell notwendiges Zwischenladen über den Tag einfach möglich macht. Bisher sind am MHKW nur die Entsorgungsfahrzeuge der FES abgestellt worden. Jedoch sollen auch diese Fahrzeuge mittelfristig auf alternative Antriebe umgestellt werden. Die ersten elektrischen Fahrzeuge sollen im Sommer 2021 nach Frankfurt kommen und die zugehörige Ladeinfrastruktur wurde bereits aufgebaut. Derzeit stehen am MHKW fünf Ladesäulen mit je zwei Ladeanschlüssen zur Verfügung. Der dabei genutzte Strom wird aus der Verbrennung des Hausmülls der Frankfurter Bürger erzeugt. Die Kooperation zwischen Transdev und der FES wurde dadurch begünstigt, dass beide Unternehmen miteinander verbunden sind. An der FES ist die Stadt Frankfurt am Main zu 51 Prozent sowie die Remondis SE & Co. KG zu 49 Prozent beteiligt. Remondis wiederum ist Teil der Rethmann Gruppe, die seit 2019 auch Minderheitsgesellschafter bei der Transdev GmbH ist. Diese Verknüpfung erleichterte die gemeinsamen Bemühungen bei Aufbau und Nutzung der Ladeinfrastruktur durch Busse und Entsorgungsfahrzeuge am MHKW deutlich und machte dieses innovative Konzept überhaupt erst möglich. Die durch diese Kooperation erzielten Synergieeffekte nutzen nicht nur dem Betreiber selbst, sondern auch traffiQ und damit der Stadt Frankfurt am Main. Diese können in Form von niedrigeren Angebotspreisen für die Busverkehrsleistungen profitieren. Dieses oder vergleichbare innovative Modelle können damit einen wesentlichen Teil zur Elektrifizierung und damit der Reduzierung der Emissionsbelastung beitragen. Gleichzeitig macht es deutlich, dass auch die Herausforderungen bei Betriebshöfen und Ladeinfrastruktur kreativ gelöst werden können.

Fazit

Die äußerst positiven Erfahrungen bei der Betriebsvorbereitung im Bündel A zeigen, dass die Elektrifizierung auch im Rahmen von wettbewerblichen Vergaben effizient möglich ist. Private Verkehrsunternehmen
sind gewillt, die Dekarbonisierung voranzutreiben und ihren Beitrag zu einem nachhaltigen und ökologischen ÖPNV zu
leisten. Die Befürchtungen von traffiQ während der Erstellung der Vergabeunterlagen bewahrheiteten sich somit nicht und die aufgezeigten Herausforderungen konnten alle gemeistert werden. Für die Fahrzeuge, die pünktlich im Dezember 2020 den Betrieb aufnehmen konnten, wurden wider Erwarten umfassende Fördermittel generiert. Betriebshöfe und Ladeinfrastruktur standen zudem dank einer innovativen Kooperation ebenfalls fristgerecht zur Verfügung. traffiQ fühlt sich bestärkt, den eingeschlagenen Weg weiter zu beschreiten und wird daher auch bei der anstehenden wettbewerblichen Vergabe des Bündels B die Rahmenbedingungen so setzen, dass die Elektrifizierung mit Hilfe von innovativen und wirtschaftlichen Konzepten vorangetrieben wird. Auf diese Weise soll die Umstellung auf alternative Antriebe in Frankfurt am Main schrittweise gemäß des von traffiQ erstellten Elektrifizierungskonzepts fortgeführt werden. Die derzeit noch nicht abzuschätzenden finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie müssen hierbei natürlich berücksichtigt werden, denn trotz hoher Fördersummen sind die verbleibenden Kosten für die Stadt Frankfurt am Main noch immer immens. Die zugehörigen politischen Beschlüsse wird traffiQ daher nach und nach einholen, um dann im Idealfall in rund zehn Jahren die gesamte Flotte umgestellt zu haben.

Zusammenfassung

Erfolgreiche Vergabe von Busleistungen mit alternativen Antrieben Noch immer werden große Herausforderungen (Fahrzeuge, Betriebshöfe, Infrastruktur, Förderung) mit der Elektrifizierung von Busverkehren verbunden. Besonders im Rahmen von  wettbewerblichen Vergaben wurde befürchtet, dass diese Herausforderungen in noch größerem Maße zum Tragen kommen. Die Erfahrungen in Frankfurt am Main bei der Vergabe des Busbündels A zeigten jedoch, dass auch unter diesen Voraussetzungen eine effiziente und pünktliche Elektrifizierung möglich ist. Werden privaten Verkehrsunternehmen zudem entsprechende Freiheiten bei der Ausgestaltung gelassen, können sich innovative Ideen und Kooperationen entfalten. Bürger profitieren von geringerem Lärm und Emissionen, die Stadt von geringeren Kosten.